Warum wird immer nur von einem rettenden Impfstoff geredet, ein Medikament würde die Bevölkerung viel eher und schneller akzeptieren und dadurch auch nützen. Entwickelt hat diesen Ansatz zum Beispiel das Team des Genetikers Joseph Penninger, einem gebürtigen Oberösterreich, von der University of Toronto, ursprünglich zur Behandlung des ersten Sars-Virus.
Ein experimentelles Medikament, Corona-Wirkstoff mit ACE-2, liefert bereits ein viel versprechendes Resultat. Der ACE-2-Rezeptor ist ein Dreh- und Angelpunkt von Covid-19. Ihn den Erkrankten künstlich zuzuführen, könnte rasche Besserung bringen, legt ein Fallbericht nahe. Eine Chance, um eventuell bereits in wenigen Monaten ein wirkendes Mittel gegen die Viruserkrankung anwenden zu können.
Wenn Sars-CoV-2 Zellen infiziert, fahren diese die Produktion des Rezeptors ACE-2 zurück, den das neue Coronavirus als Eintrittspforte in Körperzellen nutzt. Diese Reaktion gilt mittlerweile als eine Hauptursache für das schwere akute Atemwegs-Syndrom (ARDS) und andere schwer wiegende Folgen von Covid-19, wie etwa Mikro-Trombosen und Schäden in verschiedensten Organsystemen.
Dies legt einen Behandlungsansatz nahe: Man könnte den Mangel an ACE-2 im Körper ausgleichen und so die schwersten Folgen einer Infektion mit Sars-CoV-2 verhindern.
Genau diese Idee wird aktuell in Kliniken in Österreich, Deutschland, Dänemark, Russland, Großbritannien und den USA in einer klinischen Phase-II-Studie an insgesamt 200 Corona-Patienten getestet. Bei dem Wirkstoff der Firma Apeiron Biologics aus Wien handelt es sich um eine lösliche Version des Rezeptors ACE-2. Statistisch aussagekräftige Ergebnisse werden für Dezember erwartet.
Nun hat die Forschungsgruppe, die den Wirkstoff namens hrsACE-2 entwickelte, zusammen mit Ärzten, die die Studie durführen, vorab einen Fallbericht im Medizinjournal »The Lancet« veröffentlicht, der zuversichtlich stimmt.
ACE-2 wird in verschiedensten Geweben und im Gefäßsystem des Körpers hergestellt und von den Zellen auf ihrer Oberfläche präsentiert. Der Rezeptor spielt eine zentrale Rolle im so genannten Renin-Angiotensin-System (kurz RAS), das den Volumenhaushalt des Körpers kontrolliert, aber auch stark zu entzündlichen Prozessen beiträgt.
ACE-2 ist in diesem System der Gegenspieler des Hormons Angiotensin II, das den Blutdruck erhöht, die Bildung von Blutgerinnseln antreibt und Entzündungsreaktionen des Immunsystems auslöst.
Die Kernhypothese der aktuellen klinischen Studie lautet, dass eine lösliche Version des Rezeptors, intravenös verabreicht, das Gleichgewicht im RAS wieder herstellt und zugleich aktive Viruspartikel bindet (und damit unschädlich macht).
Getestet wurde der Wirkstoff bereits in Mäusen, Ferkeln und in klinischen Phase-I- und -II-Studien im Menschen zur Behandlung von ARDS. In künstlichen Organoiden hat der Wirkstoff schon eine Anti-Sars-CoV-2-Aktivität gezeigt.
Leider geht es beim Kampf gegen die Virusinfektion um enorme Kosten und vor allem auch um einen enormen wirtschaftlichen Erfolg bei einen entscheidenden Durchbruch. Warum die auch in anderen Problemen so seltsam reagierende EU in Brüssel sich schon auf einen Impfstoff eines englischen Unternehmens konzentriert hat, ist genauso schleierhaft wie das bisher so mißlungene Bemühungen um eine GEMEINSAME Wertegesellschaft.
Josef Penninger: Niemand ist mit Schnellschüssen geholfen. Covid-19 ist eine komplexe, multifaktorielle Erkrankung.